Klirren, Krachen, Knallen mitten in der Nacht. Zum wiederholten Male ist der Marthashof an der Schwedter Straße Opfer eines Anschlags geworden. Im August attackierten unbekannte Vermummte die
luxuriöse Wohnanlage. 28 Fensterscheiben gingen zu Bruch, Fahrzeuge wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die Bewohner selbst blieben unbeschadet.
Noch Tage danach sind die zerrissenen Fensterscheiben in den Erdgeschossen des Marthashof zu sehen – provisorisch gesichert und verklebt. Sonst ist es wieder ruhig geworden. Eine Einwohnerin
dirigiert ein Fahrzeug durch die Einfahrt und versperrt diese danach wieder, in den Läden an der Straßenseite warten die Verkäufer auf Kundschaft. Der Schreck scheint überwunden. Der Alltag ist
zurück.
„Sie kamen auf Mountain-Bikes“, erzählt eine junge Anwohnerin, die erst seit kurzem im Marthashof lebt und von ihren Nachbarn gehört hat, dass das nicht der erste Übergriff auf die Wohnanlage
war, die sich als braunes und weißgetünchtes Green Village gegenüber den Altbauten der Schwedter Straße erhebt.
Eine Stunde nach Mitternacht kamen fünf bis acht Vermummte auf ihren Bikes, versuchten, mit Gegenständen die Scheiben einzuschlagen, die schließlich splitterten. Anschließend flohen sie auf ihren
Rädern. Sie hinterließen nicht nur die zerborstenen Glasfronten, sie legten auch 32 „Krähenfüße“ auf die Straße. Das sind scharfkantige Metallgegenstände, die Reifen beschädigen sollen – offenbar
wollten die Täter die hinzugerufene Polizei an der Verfolgung hindern. Durch die Krähenfüße wurden ein Funkwagen, ein Taxi und ein Fahrrad in Mitleidenschaft gezogen.
Nur kurze Zeit nach dem Anschlag bekannte sich eine „autonome Gruppe“ im Internet zu den gewaltsamen Vorgängen. "Militanter Widerstand gegen drohende Räumung" titelte sie auf einer einschlägigen
Homepage der Szene. In Prenzlauer Berg trat die Gruppe als Zerstörer auf, um gegen eine ähnliche geplante Anlage auf der Cuvry-Brache in Kreuzberg zu protestieren. Auf der jetzt noch vielseitig
genutzten Freifläche dort sollen ein Einkaufszentrum und ähnliche Luxuswohnungen wie der Marthashof entstehen.
Wie hoch der verursachte Gesamtschaden an dem Wohnkomplex ist, ist unklar. Weil vermutlich politische Gründe hinter dem Anschlag stecken, hat der Staatsschutz des Landeskriminalamtes die
Ermittlungen aufgenommen.
Wieder rückt die Wohnanlage Marthashof unweit des Mauerparks durch diesen Anschlag ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Seit seinem Bau ist das komfortable Village umstritten. Zuletzt konnten sich die
Wohnungseigentümer und der Bezirk nicht darüber einigen, ob die Grünanlage im Innenhof auch von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. Mit dem Investor des Quartiers war eine öffentliche Nutzung
der grünen Innenfläche als Park vereinbart gewesen, die Eigentümer indes sind teils dafür, teils dagegen.
-al- (Sep 2014)