Im Förderverein Helmholtzplatz gibt es neue Köpfe und neue Mitstreiter:innen. Zahlreiche Aktive sammeln sich im und um das Platzhaus am Helmi. Sie wollen ihren Kiez mit seiner vielfältigen Kiezkultur erhalten und etablieren. Eine bewegte Jahresbilanz.
Sie feiern die Feste, wie sie eben fallen können in diesen Zeiten: Die Menschen vom Förderverein Helmholtzplatz. Im Oktober begingen sie das 20einhalb-jährige Bestehen des Vereins als fröhliches Herbstfest. Die Anwohner:innen und Geschäftstreibenden, die Leute von Einrichtungen wie der Popelbühne oder dem Helmi-Puppentheater, der Bremer Höhe oder sozialen Vereinen. Seit über 20 Jahren tragen diese Menschen Verantwortung für das Platzhaus und den Raum drumherum. Sie bauten den Ort aus zu einem Ort der Nachbarschaft, des Miteinanders in Veranstaltungen und Begegnungen, der Kiezkultur.
AUS SCHMUDDELPLATZ WIRD GRÜN
Ein Blick zurück zeigt, wie vieler Schritte, Verhandlungen, auch Rückschlägen es dafür bedurfte. Als der Helmholtzplatz ab 1998 endlich saniert wird - mitsamt dem Quartier drumherum – ist er verwildert, verschmuddelt. Ein sogenannter sozialer Brennpunkt, Umschlagplatz für Drogen. Ein Sorgenplatz der Polizei, von der Bevölkerung gemieden. Das Platzhaus ist eine alte, typische Berliner Bedürfnisanstalt mit mehreren Jahrzehnten auf dem Buckel.
Mit Sanierungsgeldern entsteht der grüne Platz in den kommenden drei Jahren. Wege und Wiesen, Beete und ein Kinderspielplatz werden neu angelegt bzw. saniert. Bolzplatz und Tischtennisplatten kommen hinzu. Aus dem ehemaligen Trafohäuschen wird ein Cafe, aus der öffentlichen Toilette das Platzhaus, das Nachbarschaftshaus. Die engagierten Menschen des Kiezes schließen sich zum Förderverein zusammen, sorgen sich künftig um den Ort. Dazu gehört ein Ringen mit der schmuddeligen Vergangenheit des Ortes, gehört auch ein Ringen mit dem Bezirk um den Verbleib des Hauses bzw. einer langfristigen Nutzung durch den Verein. Es gilt, die unterschiedlichsten Interessen und Ansprüche des dicht besiedelten Kiezes rund um die einzige Freifäche im Quartier zu moderieren. Die gern auch Gegenstand von Filmen oder Filmkulisse ist.
NEUE KÖPFE IM VORSTAND
Und jetzt, zum 20einhalben Jubiläum? „Es konnten neue Mitglieder und Interessenten gewonnen, einige neue Veranstaltungen durchgeführt werden.“, blicken die Platzhaus-Leute auf die vergangenen zwölf Monate zurück. Diese Monate sind auch durch pandemiebedingte Schließung bzw. Einschränkungen geprägt, vor allem in den Herbst- und Winter-Monaten. Umso mehr freut es Yanina Berul, eine der neuen Vorstands-Frauen, was alles über die unterbrochene Zeit hin aufrechterhalten werden konnte. Zur halbrunden Geburtstagsfeier wechselte auch ein Teil des Vorstands.
Ein Lieblingsprojekt rund um das Platzhaus ist Urban Gardening, das Vereinsmitglieder und Nachbar:innen bereits seit 2014 und mit Hilfe des Pankower Grünflächenamtes betreiben. In der vergangenen Saison konnten die Beete erweitert, mehr Pflanzenarten angebaut werden. „Wir konnten sogar selbst angebautes Gemüse ernten“, so der Verein. Menschen der Gruppe ,,KiezKultur erhalten“ schufen neue Hochbeete. Ein schöner Werbeeffekt: Die üppigen Blumenbeete sind im Frühjahr und Sommer beliebte Fotomotive für flanierende Tourist:innen.
Die Platzhaus-Leute gärtnern nicht nur gern, ebenso gern laden sie zum nachbarschaftlichen Musizieren. Eine feste Gruppe trifft sich einmal wöchentlich im Platzhaus. Und musiziert auch öffentlich, zum Beispiel beim „Singen und Klingen am Platzhaus“, dem gemeinsamen Singen im Februar. Zum Fest im Oktober präsentierte die Gruppe ebenfalls ihre neuesten Songs. Zur Fete de la Musique im Juni gab es eine offene Probe, die von außen, bei offenen Fenstern, miterlebt werden konnte. Und auch Dieter legte seine Lieblingsmusik auf, in der schon legendär gewordenen Zuhör- und Tanzparty, der MusikLounge ,,Dieter lädt ein“.
Regelmäßige Veranstaltungen wechseln sich mit einmaligen Events ab. Denn Vereine, Initiativen und Privatmenschen können die Räume des Platzhauses auch für Ausstellungen oder Familienfeiern nutzen. Zu den regelmäßigen Veranstaltungen gehören etwa eine wöchentliche Keramikwerkstatt und eine Kleidertauschparty für Frauen. Diese gab es 2022 pandemiebedingt nur einmal. Zuvor konnten Frauen alle drei Monate ihre Kleider, Schuhe oder Accessoires gegen anderes Schönes tauschen.
NEUE MITSTREITER:INNEN
Und dann gibt es – neben neuen Köpfen im Vorstand – auch neue Mitstreiter:innen für die Helmi-Aktiven. Allen voran die Initiative „KiezKultur erhalten!“, die sich einst zusammenfand, um den lokalen Späti zu stärken. Inzwischen sind sie zu einer festen Kiezgröße geworden. Sie treffen sich regelmäßig am Platz und organisieren einmal monatlich Veranstaltungen in und um das Haus. So initiierten sie z.B. die Pflanz- und Begrünungsaktion ,,Helmi blüht“. Es gab und gibt Tischtennis-Turniere, Filmabende und eine Druckwerkstatt. Auch Menschen aus sozialen Berufen nutzen das Platzhaus inzwischen für regelmäßige Treffen und Weiterbildungen. Im Mai und Juni 2022 bot das Haus zudem den Raum für Veranstaltungen ukrainischer Kinder und ihrer Familien. So wurden die Geflüchteten willkommen geheißen und Hilfsangebote vernetzt.
Und die Perspektive nach 20einhalb Jahren? Seit November 2018 gibt es einen neuen Nutzungsvertrag mit dem Bezirksamt, nachdem der Weiterbetrieb lange unklar war. Jährlich wird der Vertrag um zwölf Monate verlängert. Der Vorstand dazu: „Wir hoffen, die Nutzung des Hauses langfristig, mit Unterstützung des Bezirks, aufrechtzuerhalten.“
Katharina Fial, November 2022
Mehr zum Platzhaus: platzhaus-helmholtzplatz.de