„Orte der Erinnerung“ hieß in dieser Zeitung, Mitte der 90er-Jahre, eine Artikelserie über historische Friedhöfe in Prenzlauer Berg. Der Autor Thomas Kuhr knüpft daran an: „Plätze der Erinnerung“ beschreibt Orte, die sich im Laufe der Zeit von ihrer ursprünglichen Planung entfernt haben und neu gedacht wurden.
Wie in der März-Ausgabe dieses Jahres geschildert, sollte eigentlich im Planquadrat Abt. XII der Blockstruktur vom Hobrecht-Bebauungs- und Stadtplätzeplan von 1862, auf der Feldflur/des ehemaligen Ackers von der Witwe Bötzow (geb. Damm), zwischen der Danziger Straße und Trasse der Ringbahn bzw. von der Prenzlauer Allee bis zur Greifswalder Straße, ausschließlich eine dichte Wohnhäuser-/Mietskasernenbebauung entstehen. Gegenüber, an der Ecke der heutigen Danziger Straße zur Winsstraße, war ein Stadtplatz, mit dem Planbuchstaben G bezeichnet, geplant. Nach der Bebauung dieser Fläche mit Wohnhäusern wurden Ausgleichsflächen gesucht. Die Grundstücke für derartige Flächen bzw. Stadtplätze musste die Stadt jedoch von den Landbesitzern abkaufen. Der preußische Stadtplaner, und Stadtbaurat der Stadt Berlin, James Hobrecht (geb. 31.12.1825 in Memel, heute Klaipeda-Litauen, gest. 08.09.1902 in Berlin) hatte in seinem Bebauungsplan zwischen Baublöcken zwar einige Flächen für öffentliche Stadtplätze eingeplant. In regelmäßigen Abständen von 100 bis 150 Ruthen (ca. 500 bis 700 Meter, im Deutschen Reich lag eine Rute zwischen 2,5 und 5,9 Meter; seit 1872 hat diese Maßeinheit genau 5 Meter, abgeleitet vom angloamerikanischen rod = 25 link = 5,5 yard = 16,5 feet =198 inch = 5,0292 Meter). Jedoch wurde lediglich ein Teil dieser projektierten Plätze realisiert, weil die Behörden „den Luxus“ für die Plätze nicht finanzieren konnten.
Auch seit 1990, speziell im Ortsteil Prenzlauer Berg, gibt es fortlaufend Diskussionen über Begrünungen oder Bebauungen von ehemaligen Kohlenhändler-Lagerplätzen, alten Pkw-Werkstätten, Garagenanlagen, Tankstellen, verlassenen Gewerbearealen, Brachen aller Art usw.. Einzelne Flächen, auf denen u. a. Wohnungsbestand im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer oder Brände komplett zerstört wurden. Oder die nie bebaut wurden. Denn ca. 20 Prozent des Hobrecht-Bebauungsplans wurden nicht realisiert. Grundeigentum, welches nie für Parkplatz- bzw. Grünflächen, oder für die Umwidmung in so genannte Landschaftsschutzgebiete, vorgesehen war. Amüsant welche Empörungen und Versammlungen, über eine bereits vor 155 Jahren geplante Liegenschaftsbebauung und derzeit beabsichtigte Nachverdichtung eines Wohngebietes, aufgeführt werden („Leben!...“/„Lebensqualität an der Michelangelostraße“).
Dies kann ebenso für zwei derzeitige Grünflächen zutreffen, die als Ausgleich für den von Hobrecht geplanten o. g. Stadtplatz „G“ geschaffen wurden? Weil diese vom Publikum kaum genutzt werden. Den Fröbelplatz, benannt nach dem Pädagogen, und ab 1840 Urheber der Idee des Kindergartens, Friedrich Wilhelm August Fröbel (geb. 21.04.1782 in Oberweißbach-Thüringen, gest. 21.06.1852 in Marienthal, Gemeinde Schweina-Thüringen). Und den Danziger Platz, benannt nach der Stadt Danzig, heute Gdansk in Polen (im Hobrecht-Plan auch als Platz 6 XII bezeichnet). Bereits ab 1883 erfolgte eine Änderung für diese 5.500 qm große Teilfläche vom ehemaligen Gaswerk (siehe März-Ausgabe) als Erholungspark. Ab 1912 als Bauland für eine Schule und Erweiterungsbauten für das Krankenhaus verplant. Mit Fröbelplatz ab 1935 wieder als Park in Planung und 1936 mit einem Teilstück realisiert. Der andere Teil wurde mit Wohnungen bebaut. Der Fröbelplatz wurde vom 28.09.1935 bis 22.04.1982 Nordmarkplatz genannt (nach der Nordmark, seit 22.04.1982 die Altmark zwischen Elbe und Oder). Dieser Platz, neben dem ehemaligen Gaswerk, diente als Lagerplatz mit Baracken. Einige der alten Bäume, wie auf dem Danziger Platz, sind bis heute erhalten. Die Gestaltung mit Sport- und Spielplatz erfolgte 1934/35 durch den Gartenarchitekten Paul Mittelstädt. Zur Danziger Straße wurden ein kleiner Wohnhausblock und das zusätzliche Hauptgebäude des Krankenhauses im Prenzlauer Berg errichtet. Dies wurde in den letzten Jahren zu einer Wohnanlage mit sehr moderner Randbebauung umgestaltet. Von den Architekten der innovativen „Schachtelwohnboxbauweise“ wurden der Verkehrslärm und die Sonneneinstrahlung im Sommer jedoch nicht genügend berücksichtigt. Vielleicht beim nächsten Bauvorhaben mit einer Vorhangfassade auf dem Danziger Platz? Oder mit ähnlichen, wie z. B. bei der Bebauung vom Marthashof, im zeitgemäßen Stil an mehreren Neubauten angebrachten „Fensterverkleidungen“?
Thomas Kuhr (Text und Foto), Mai 2017