Unbekannte Ecken in Prenzlauer Berg (14)
Am 31. November kam es im Haus Sonnenburger Str. 4 zu einem überraschenden Autodiebstahl, als Schackeline Maier ihrer Freundin Schanntall Schulze das Bobbycar unter dem Arsch
wegzog.
Was fällt Ihnen an der Meldung auf?
Richtig! Die Sonnenburger Str. 4 gibt’s überhaupt nicht!
Wer in die Sonnenburger Straße kommt, sieht eigentlich nur noch ein klägliches Rudiment derselben. Die Straße beginnt am Durchgang hinter der Gaudystraße mit der Nummer 54!
Im Hobrechten Bebauungsplan von 1862 war die Sonnenburger Straße als „Straße 16 der Abt. XI“ verzeichnet und lief über den ebenfalls von Hobrecht geplanten Exerzierplatz der preußischen Armee.
Tatsächlich angelegt wurde sie ab dem 22. Juni 1903 und bekam am 16. August 1906 ihren heutigen Namen. Auf Beschluss der Stadtverordneten Berlins wurde ein Teil des Exerzierplatzes schließlich
dem Heer des Deutschen Kaiserreichs abgekauft, um die Sonnenburger Straße von der Gaudy- bis zur Eberswalder Straße durchzulegen. Dieser Abschnitt trug von 1920 bis 1935 den Namen
Rudolf-Mosse-Straße, nach dem gleichnamigen Verleger. Im Jahr 1935 wurde dieser Teil in Sonnenburger Straße rückbenannt. 1951 entstand durch Ablagerung von Kriegstrümmern auf dem Gelände der
Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Der Teil der Sonnenburger Straße zwischen Gaudy- und Eberswalder Straße musste dem weichen. Darum fehlen der Sonnenburger Straße die Nummern 1 bis 53. Die
zwischen Gleim- und Gaudystraße entstandene Sackgasse wird von Fahrschulen gern zum Lehren der Dreipunktwendung genutzt.
Die Sackgasse von der Kopenhagener Straße bis zur Ringbahn mit der Fußgängerbrücke sollte 2012 zum Sonnenburger Platz umgebaut werden. Allein, es fehlt dem Bezirk an Geld. Ursprünglich gab es
anstatt der Fußgängerbrücke eine richtige Straßenbrücke zur Dänenstraße. In den letzten Kriegstagen 1945 „beharkten“ sich an jener Stelle sowjetische T 34 Panzer auf der einen mit Tiger-Panzern
der deutschen Wehrmacht auf der anderen Seite der Ringbahn gegenseitig, wobei die Sonnenburger Brücke zerstört wurde.
Nach dem Krieg gab es ein zu geringes Kraftfahrzeugaufkommen, sodass ein Wiederaufbau der Straßenbrücke keinen Sinn gemacht hätte. Warum man aber für die Fußgänger und die Versorgungsleitungen
der BEWAG nicht einen gemeinsamen Brückenbau über die Ringbahn durchführte, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Jedenfalls ist es durch diese Versorgungsleitungsbrücke unmöglich, von der
Fußgängerbrücke aus direkt in Richtung Westen und damit nach Westberlin zu schauen. Und das war ja wohl sicher die beabsichtigte Wirkung.
Rolf Gänsrich (Dez 2014)