Unbekannte Ecken in Prenzlauer Berg (2)
Die kürzeste Straße im Prenzlauer Berg ist die Preußstraße mit insgesamt sieben Hausnummern, die nicht so leicht zu finden sind. Die Nr. 1 und 2 existieren überhaupt nicht, die 3 und 7 sind
unsanierte Wohnhäuser. Die Straße selbst geht von der Grellstraße zwischen der Hosemannstraße und der Gubitzstraße ab. Sie ist dem ersten Anschein nach nur ein „Stummel“ von vielleicht 30 Meter
Länge.
Auf Satellitenbildern und auf Landkarten erkennt man, dass sich die Preußstraße noch ein wenig, allerdings als nicht öffentliche Straße, durch den Block fast bis zur Erich-Weinert-Straße
schlängelt. Der holperige, grobe Kopfsteinpflasterweg, der zwischen Erich-Weinert-Straße und Grellstraße in die Gubitzstraße mündet, gehört nicht mehr dazu. Die Preußstraße ist im Übrigen
nicht benannt nach der zauberhaften, großartigen Schauspielerin Josefine Preuß, die von der Existenz dieser Straße vermutlich nicht einmal etwas ahnt.
Angelegt wurde die Straße im Zuge der Erbauung der Carmen-Silva-Siedlung 1931 als Segitzstraße. Martin Segitz (starb 1927) war Zinngießer und Gewerkschaftsfunktionär. Bereits im Jahr 1933 wurde
die Straße in Bixschootestraße umbenannt. Bixschoote war ein Dorf im belgischen Flandern in der Provinz „Westvlaanderen“, das vom Oktober 1914 bis Juli 1917 von den kaiserlichen Truppen
Deutschlands besetzt war. Nach Heinrich Preuß wurde die Straße am 31. Januar 1952 umbenannt. Dieser war Bäcker, antifaschistischer Widerstandskämpfer und Kommunist. Geboren 1886 verstarb er 1944
im Zuchthaus Brandenburg/Görden in das er 1942 eingeliefert worden war. Schon ab 1933 saß er bereits vier Jahre im Gefängnis wegen sogenannter „illegaler Gewerkschaftstätigkeit“. Eine
Gedenktafel an ihn ist an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Stargarder Str. 13 angebracht.
Der Kindergarten, der die Hausnummern 5 und 6 in der Preußstraße hat, wurde 1958 als Kindergarten- und -wochenheim errichtet. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz und wurde in den letzten
Monaten dementsprechend saniert, wobei farblich etwas heller gestaltet.
Umrahmt ist das Kindergartengelände von den niedlichen Mieter-Schreber-Gärten des Blocks.
✒ Rolf Gänsrich (Dez 2013)