Unbekannte Ecken in Prenzlauer Berg (9)
Was war los auf dem Erich-Weinert-Park?
Berlin vor über 70 Jahren ...
An der Grenze von Prenzlauer Berg und Weißensee, dem heutigen Großbezirk Pankow, liegt der Erich-Weinert-Park.
An der Ecke Prenzlauer Allee/Ostseestraße befindet sich heute eine Imbißbude, eine Freifläche mit Spielplatz sowie etliche Kunstskulpturen. Darunter eine Büste des Schriftstellers Erich Bernhard
Gustav Weinert (4. August 1890 geboren in Magdeburg – 20. April 1953 gestorben in Berlin), dem heutigen Namensgeber des Parks.
Geschaffen von der Künstlerin Anna Franziska Schwarzbach. Auf einem 1,5 Meter hohen Steinblock thront der Dichter mit Blick auf den Park, wenn er nicht von Kunstbanausen mit Farbe verschmiert
wird, was öfters vorkommt.
Das sonst unbebaute Grundstück mit einer Fläche von gut 9.000 Quadratmetern dient der Erholung.
Die Erich-Weinert-Straße kennt im Bezirk jeder, der Name des Parks aber ist weitgehend unbekannt und wird eher als Abkürzung zu den Tram-Stationen wahrgenommen.
Grund genug, der ehemaligen Nutzung nachzugehen.
Zeitzeugen wussten zu berichten, dass auf dem Grundstück nach 1940 ein Barackenlager für französische Kriegsgefangene errichtet wurde. Dies war der Anlass, der Sache auf den Grund zu gehen.
Ein schwieriges Unterfangen, da nach über 70 Jahren kaum noch lebende Zeitzeugen aufzuspüren sind, die über jene Zeit berichten können.
Mit Hilfe der französischen Botschaft, dem Landesarchiv Berlin, persönlichen Besuchen in verschiedenen Seniorenfreizeitstätten und schließlich der Zeitzeugenbörse, konnte die Historie
rekonstruiert werden.
Die FERTIGUNGSGERÄTEBAU GmbH (Vorrichtungen/Werkzeuge/Lehren) vormals Schwartzkopf, meldete 1944 dem Kriegssachschädenamt einen Schaden in Höhe von 350.000 RM (Reichsmark) zur Begleichung an. Am
19.05.1944 seien durch Feindeinwirkung die Baracken an der Ostseestraße 12, im damaligen Bezirk Berlin NO 55, vollständig verbrannt.
Spätestens 1942 existierte dort ein Lager für 350 Mann, fertig 1943, belegt mit 300 Personen.
Die Baracken bestanden aus drei gleichgroßen Mannschaftsbaracken sowie einer kleineren Wirtschaftsbaracke.
Berichte des Sachverständigen und Architekten Friedrich Kögel beziffern die Schäden auf gut 210.000 Reichsmark, weit unter der geforderten Summe der Fertigungsgerätebau GmbH.
Die Lager sind inzwischen Geschichte aber sollten niemals vergessen werden.
Jens Oliver Reuß (Jul 2014)