Verlage in Prenzlauer Berg (2)

Mit Fred, Otto und Seneca auf Spurensuche

Bücher seiner Begegnungen: Alexander Schug führt seit fünf Jahren den Vergangenheitsverlag.
Bücher seiner Begegnungen: Alexander Schug führt seit fünf Jahren den Vergangenheitsverlag.

Die Büchermacher – sie sitzen mittendrin in Prenzlauer Berg. Zahlreiche Verlage haben ihren Standort im Bezirk. Politische Entdeckungen, wissenschaftliche Erkennt­nis­se und kulturelle Kuriositäten erobern von hier aus die Lese-Welt. Ein innovatives und geistvolles Kapital, das eher im Stillen wirkt.
Die „Prenzlberger Ansichten“ stellen die Prenzlberger Büchermacher und ihre Bücher vor. Diesmal: be.bra verlag und Vergangenheitsverlag.

Ihre inhaltlichen Wurzeln tragen beide im Namen – als Doppelkürzel der be.bra verlag, dessen Gründungsprofil Berliner und Brandenburger Themen umfasste. Mit ausführlicherem Titel widmet sich der Vergangenheitsverlag der älteren und jüngeren Geschichte. Knapp 15 Jahre trennen beide voneinander. 1994 erschienen im be.bra verlag die ersten Bücher, 2008 gründete Alexander Schug seinen Vergangenheitsverlag. Und wäh­rend die Berlin-Brandenburger ihr lokales Ursprungsprofil auf inzwischen sechs Editionen zu deutscher Geschichte und Zeitgeschichte, regionaler Kultur und literarischen Besonderheiten ausgeweitet haben, verlegt der Historiker Schug weiterhin vor allem historische Sach­literatur, die Lust aufs Lesen machen und zur unterhaltsamen Bildung beitragen sollen. Mit einer aktuellen Aus­nah­me: Dem Stadtführer für Hunde und Hunde-Liebhaber „Fred & Otto“, der nach seiner Berlin-Premiere nun in anderen deutschen Großstädten erscheint. Doch dazu später.
Denn auch der be.bra verlag hat mindestens einen stadtbezirksbekannten Hund im Repertoire: Den Schnüffler Seneca, der gemeinsam mit seinem Herrchen, dem Detektiv John Klein, mysteriöse Fälle in Prenzlauer Berg aufklärt. Gerade ist der dritte Band der Kiez-Krimi-Reihe von Thomas Knauf erschienen. „Mord hält jung“ heißt er verheißungsvoll und führt zu mehreren Leichen in ein Alten­heim am Weinbergsweg.

Einmal rum um Berlin und seine Orte entdecken: Das Buch „Ring frei“ des Vergangenheitsverlages lädt zur S-Bahn-Fahrt. Fotos (2): Vergangenheitsverlag
Einmal rum um Berlin und seine Orte entdecken: Das Buch „Ring frei“ des Vergangenheitsverlages lädt zur S-Bahn-Fahrt. Fotos (2): Vergangenheitsverlag

Viel weiter weg, zeitlich und topographisch, führt die „Preußenkrimi-Reihe“ von Tom Wolf, von der inzwischen 13 Bände und zwei Hörbücher vorliegen. Der Verlag erfand 2001 ein völlig neues Genre. Berühmte Ermittler wie E.T.A Hoffmann und Theodor Fontane erforschen fiktive und reale Kriminalfälle in dieser Reihe.
Zum Programm von be.bra gehört auch eine fernöstliche Kostbarkeit: Als einzige literarische Reihe in Deutschland publizieren die Büchermacher mit Sitz in der Kulturbrauerei eine „japan edition“ zeitgenössischer Autoren. In der „edition q“ wiederum erscheinen kulturelle Bände: unterhaltsame Lexika, außergewöhnliche Lebensgeschichten und Film­führer ebenso wie kulinarische Reise­führer. Die „berlin edition“ begleitet aktuelle Entwicklungen und historische Erkenntnisse in Berlin und Brandenburg. Der Klassiker dieser Reihe, der Tourist­führer „Die Berliner Mauer“, wird inzwischen in acht Sprachen herausgegeben.
Ihrem Heimatbezirk Prenzlauer Berg haben die be.bra-Büchermacher ganz unterschiedliche Publikationen gewidmet. Neben den Krimis sind das u.a. der schöne Band „Im Osten geht die Sonne auf. Berichte aus anderen Zeiten“ von Jutta Voigt. Die Kollwitzplatz-Bewohnerin versammelt darin Porträts, Begegnungen und Reportagen von Menschen und Ereignissen aus der Zeit der politischen Wende. Ganz aktuell ist Knut Elster­manns „Meine Winsstraße“ erschienen. Der Filmjournalist wandelt durch die Straße seiner Kindheit und entdeckt berühmte und weniger berühmte Mit- und Nachbewohner.
Entdeckungen ganz anderer Art machte Alexander Schug, als er seinen kleinen Hund Otto bekam. Der Inhaber des Vergangenheitsverlages lernte Prenz­lauer Berg und Berlin mit vierbeiniger Begleitung noch einmal ganz neu kennen. Aus diesen persönlichen Erfahr­ungen zu zweit entstand der Hunde­füh­rer „Fred und Otto“, der alles Wissens­werte für Hunde und ihre Besitzer umfasst.
Es ist etwas Eigenes um diesen fünf Jahre jungen Verlag mit Sitz am Frie­drichs­hain: „Sein Programm erzählt mein eigenes Leben und die Geschichte meiner Begegnungen“, beschreibt es Alexander Schug im Gespräch mit den „Prenzlberger Ansichten“.

Ein ambitioniertes Projekt: Bis 2014 bringt der be.bra verlag eine 20bändige Reihe zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts heraus. Foto: be.bra
Ein ambitioniertes Projekt: Bis 2014 bringt der be.bra verlag eine 20bändige Reihe zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts heraus. Foto: be.bra

Das Bücher­machen ist das zweite Stand­bein des Historikers, der im Auf­trag von Unter­nehmen deren Geschichte erforscht und aufschreibt. Weil ihm das nicht genügt, sucht er eigene publizistisch-geschichtliche Themen. Ein vergnügliches Beispiel ist das Ringbahn-Buch „Ring frei“. Es schickt seine Lese­rinnen und Leser mit der Ringbahn einmal rund um Berlin und lässt sie an jeder Station aussteigen. Eine Reise und eine Zeitreise, denn was rund um die jeweiligen S-Bahnhöfe zu erkunden ist, haben verschiedene Auto­ren kurz notiert.  Die vier Prenz­lauer Berger Ring­bahn-Stationen leiten das Ring-Buch ein.
Das Gesamtprogramm des Vergangen­heitsverlages umfasst 60 Titel. Allein 20 Titel erscheinen in diesem Herbst. Darunter ist das derzeitige Lieblings­projekt des Verlegers: Ein Werk­ver­zeichnis und eine Kurzbiographie des Bauhäuslers Herbert Bayer. Der Ge­brauchs­grafiker modernisierte in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahr­hun­derts mit seinen Plakaten, Buch- und Zeitschriftentiteln die Werbe-Branche. Die beiden Bände erscheinen begleitend zur Ausstellung „mein reklame-fegefeuer“ des Bauhaus-Archivs und widmen sich einem Künstler, mit dem sich Alexan­der Schug seit seinem Studium beschäftigt.
Verwiesen sei noch auf eine kleine feine Lektüre: „Mit Kraft und Licht wider den Ungeist der Zeit“ beschreibt das Leben des Pfarrers Johannes Schwartzkopff, dessen Wohnung im Prenzlauer Berg in der Hitler-Ära zu einer Anlaufstation für verfolgte Juden und Christen jüdischer Herkunft wurde und der durch seine Hilfe Leben rettete.
 ✒ -al- (Nov 2013)
Mehr Anregungen zum Lesen:
www.bebraverlag.de
www.vergangenheitsverlag.de