Brauereien in Prenzlauer Berg (11/12)
Kennen Sie noch den „Berliner Maibock“? Als der Weg zum Werderschen Baumblütenfest noch lang war, gab es dieses Berliner Starkbier. Vaddern freute sich im Mai auf Himmelfahrt mit Kremser, Krückstock und Mai-Bock und Muddern war nach Pfingsten froh, wenn ihr „Göttergatte“ körperlich halbwegs unversehrt Himmelfahrt und Pfingsten und Mai-Bock überstanden hatte.
Dass der Pfefferberg als Gelände von dem bayrischen Braumeister Joseph Pfeffer einst gegründet wurde, dürfte bekannt sein. Dass dieser einen Verwandten (Sohn oder Enkel) namens Wolfgang Pfeffer hatte, ist wohl nicht mehr im kollektiven Gedächtnis. Dieser braute noch um 1900 im Bayerischen Wald weiter. Wolfgang Pfeffer braute ein hervorragendes obergäriges „Dampfbier“. Er verwendete kein Weizen-, sondern Gerstenmalz mit einer leicht bräunlichen Farbe. Mit Hopfen wurde gespart. Die Gärung mit obergäriger Hefe verlief sehr rasch, oft fast schon spontan, in hölzernen, offenen Bottichen bei 18 °C bis 20 °C. Dadurch kam es zu einer recht heftigen Kohlensäureentwicklung, die an der „Decke“ (Schaum über der Flüssigkeit) große Gasblasen entstehen ließ. Diese zerplatzten von Zeit zu Zeit, sodass der Eindruck entstand, dass „das Bier dampft“.
Bereits 1842 wurde auf dem Hügel hinter dem Schönhauser Tor durch Joseph Pfeffer die älteste Brauerei auf den Barnimausläufern gegründet. Zunächst nur als handwerklicher Betrieb. Der kreuzförmige Umriss des Betriebes entstand noch vor dem Hobrechtschen Bebauungsplan von 1962 und wurde dann in ein Straßenkarree zwischen Christburger Straße 18/19 und Schönhauser Allee 176 eingebunden. Innerhalb von zehn Jahren nach 1851 wechselten die Eigentümer mehrfach und erst 1861 wurde das Gelände durch die Brauerei Schneider & Hillig übernommen. Der Name Pfefferberg blieb. Ab 1887 wurde die Brauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In den kommenden zwanzig Jahren wurde der vormals handwerkliche Betrieb kontinuierlich bis auf den heutigen Stand vergrößert und zeitgemäßer ausgestattet. So konnte ab 1907 auch Flaschenbier abgefüllt werden. Zwischen 1880 und 1914 war auch das Gelände des Prater, an der Kastanienallee 6 bis 7, dazu gekauft worden. Der Prater war bereits davor der erste Berliner Bierausschank außerhalb der Berliner Stadtmauern. Nach dem Kauf des Geländes durch die Brauerei Schneider & Hillig vom Pfefferberg wurde der Prater zu einer der größten und beliebtesten Vergnügungsstätten Berlins. Nach dem Zusammenschluss der Brauerei vom Pfefferberg mit der Schultheißbrauerei 1915 und mit Patzenhofer 1920, musste 1922 die Produktion auf dem Pfefferberg schließlich eingestellt werden.
Um- und Ausbauten mit Übergang an die „Gesellschaft Hoffmann's Schokoladen“ folgten. Drei Aktiengesellschaften siedelten sich auf dem Gelände an, die „Einkaufsgenossenschaft Bäcker & Konditoren von Groß-Berlin GmbH“, die „Germania-Brot-Bäckerei Pfefferberg GmbH“ und die „Pfefferberg Grundstücke KG“.
Den Zweiten Weltkrieg überstand das Gelände halbwegs unversehrt. Nachdem es erst 1949 auf Befehl der sowjetischen Militäradministration enteignet war, ging es 1950 in Volkseigentum in Rechtsträgerschaft der „Zentrag“ über. Im Jahr 1973 wurde der Pfefferberg dann der Kommunalen Wohnungsverwaltung KWV übereignet. Kleinere Firmen und Ämter wurden von da an hier untergebracht. 1987 entstand an der Bauakademie ein Konzept für ein Jugendzentrum mit einer teilweisen gewerblichen Nutzung.
Die Gesamtanlage der Brauerei Pfeffer mit ihren einundzwanzig erhaltenen Gebäuden steht seit 1990 unter Denkmalschutz. Der Restaurationsgarten ist seit 1997 als Gartendenkmal eingetragen. Erneute Ausarbeitungen eines Gesamtkonzeptes für das ehemalige Brauereigelände erfolgten 1990 mit Beteiligung von Anwohnern, Künstlern und Gewerbetreibenden und dem von diesen gegründeten „Verein Pfefferberg“. Nach 1991 gab es teilweisen Leerstand. Ab 1992 gehörte das Areal je zur Hälfte dem Land Berlin und dem Bund. Die folgende Sanierung zog sich, wegen der nicht klaren Eigentumsverhältnisse. Erst 1999 wurde ein Kaufvertrag zwischen der Oberfinanzdirektion und der „Pfefferberg gGmbH“ unterzeichnet und erst 2001 mit der Sanierung, deren Kosten auf ca. 51 Mio. DM kalkuliert wurden, ab 2003 begonnen. Im Mai 2008 eröffneten unter anderen ein Restaurant und ein Hostel auf dem Gelände, im November 2009 ein weiteres Restaurant. Im Juni/Juli 2012 hatte das von der Stiftung Guggenheim mit dem Autohersteller BMW entwickelte Guggenheim-Lab, ein „Forschungslabor“, in dem in verschiedenen Großstädten weltweit Fragen des modernen städtischen Lebens diskutiert werden sollten, nach dessen Ablehnung in Berlin-Kreuzberg seinen Berliner Standort auf dem Pfefferberg.
In der ehemaligen Schankhalle am Biergarten eröffnete im Herbst 2013 das Pfefferberg Theater, zudem wird hier nun Pfefferbräu, ein in Handarbeit hergestelltes Bier angeboten. Das Erdgeschoss der Häuser 8 und 8a beherbergt die Ausstellungsräume des Architekturforums Aedes, das wechselnde Ausstellungen zur internationalen Baukultur und Architektur bietet. Dem angeschlossen sind Seminar- und Veranstaltungsräume in Haus 10/11.
Rolf Gänsrich, April 2016