Ich hatte ja im letzten Monat damit begonnen, zu berichten, dass Füchse im Leisepark an der Heinrich-Roller-Straße Gebeine ausgegraben hätten. Wie tief liegt man denn da? Man kann
tatsächlich mit dem Namen der amerikanischen Bestatter-Serie „Six feet under” antworten. Die Särge werden im Schnitt etwa 1,8 Meter bis 2,2 Meter tief bestattet. Dies ist aber keine generelle
Regelung, da es kein Bundesbestattungsgesetz gibt. Das ist Ländersache. Wie tief wiederum auf einem einzelnen Friedhof beerdigt wird, hängt von den Bestimmungen für diesen Friedhof ab. Und das
hat was mit dem Grundwasser zu tun, manchmal aber auch mit der generellen Bodenbeschaffenheit. So ergeben sich sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten, wie tief ein Sarg oder eine Urne
bestattet wird. Grundsätzlich liegt man mit der Annahme, dass ein Sarg zwischen 180 und 220 cm tief bestattet wird, vollkommen richtig.
Die WinS- müsste eigentlich WinZstraße heißen, denn es gibt in ihr überdurchschnittlich viele Weinhandlungen. Die Straße ist benannt nach Thomas Wins oder Wyns, der vor 1392 in Berlin geboren
wurde und um 1465 in Berlin verstarb. Die Familie Wyns (Wins) wurde zum Teil 1067 von Kaiser Heinrich IV. geadelt. Thomas Wins war 1447 Bürgermeister Berlins. Er gehörte zu den reichsten
Bürgern. Beim Berliner Aufruhr 1448 fielen auch die Wins in Ungnade, kamen aber nach vorübergehender Bestrafung glimpflich davon. Die reiche Patrizierfamilie unterstützte um 1500 finanziell den
Deutschen Ritterorden. (Quelle u. a. Luise Berlin)
Ein „Ureinwohner“ des Kiezes erzählte mir, dass es vor Jahren noch Schreinereien, Fleischereien und Bäckereien die ihr Brot selber buken, im Kiez gegeben hat.
Für diesen Artikel hier bin ich mal die ganze Winsstraße herunter gelaufen. Üblich ist bei der Hausnummerierung das französische System, bei dem auf der einen Straßenseite die geraden, auf der
anderen Straßenseite die ungeraden Nummern sind. Im alten Preußen wurde dem entgegen aber auf tangential und radial verlaufenden Hauptstraßen das „Hufeisensystem“ angewandt, bei dem auf der
einen Straßenseite die Nummern hintereinander aufwärts laufen, am Ende der Straße aber umgekehrt wird und die aufwärts Nummern wieder zurück zum Straßenanfang gehen.
So sind die Hausnummer Winsstr. 1 und Winsstr. 72 direkt an der Heinrich-Roller-Straße. In der Winsstr. 9 an der Ecke Immanuelkirchstraße ist noch ein „ostiges“ Eckhaus zu sehen, das gefärbten
Rauputz und noch alte Doppelfenster hat. Das Geburtshaus des Entertainers Hans Rosenthal ist in Nummer 63. Nur wenige Nummern weiter findet man das letzte wirklich unsanierte Haus (Nr. 59) des
ganzen Kiezes. Direkt daneben, in Nr. 58, gibt es eine wirklich sehenswerte Klinkerfassade. „Winshaus“ steht daran. Beidem gegenüber ist gleichfalls ein bislang kaum repariertes, saniertes Haus.
Der „Kaiser's“ an der Ecke Marienburger ist in einem Plattenbau aus den 70ern untergekommen. Nach hinten sind noch der einstmals riesige Sozialtrakt erkennbar, den eine „HO-Kaufhalle“ mit
seinerzeit ca. achtzig Mitarbeitern, die teilweise im Vierschichtsystem arbeiteten, benötigte. Eine der wenigen Kriegslücken gibt es dort, wo die Nummern 50 und 49 fehlen. Hier steht die
Turnhalle der „Grundschule an der Marie“. Fassadenarbeiten gibt es seit ein paar Wochen dem gegenüber in Nr. 28. „Stadtkind“ sieht man hinter Gerüst und Planen kaum noch. Eine richtig alte Ecke
ist an der Kreuzung der Christburger Straße zu bewundern. Die Nummern 30 und 45 haben Rauputz und alte Doppelfenster, bei denen das Holz schon fault. Er lebt allein von Spenden. In der
Winsstraße kommt es mir so vor, als würde dort „schon immer“ gebaut. Neu, seit April an der Einmündung zur Heinrich-Roller-Straße, wohl alt und noch immer, an der Kreuzung der Jablonskistraße.
Da bauen die doch aber schon ewig und drei Tage an diesem verdammten Fußweg … oder täusche ich mich? Winsstr. 33 ist dann wieder ein „nostalgisches“ Gebäude: alte Fenster, neue Farbe, alter
Putz.
Die Winsstraße endet, heute, an der Danziger Straße mit der Nr. 35. In Richtung Heinrich-Roller-Straße geht es auf der anderen Seite der Winsstraße mit Hausnummer 40 zurück.
Wo sind da wohl die Nummern 36, 37, 38 und 39 geblieben?
Auf einem Stadtplan von 1956 erkennt man, dass die Winsstraße einst die Danziger Straße komplett querte und Zufahrt zum Gaswerk war. Dieser Straßenabschnitt verschwand mit dem Abriss der
Gasanstalt ab 1982. Die Ella-Kay-Straße entstand ein paar Meter daneben. Die Reste der Gasanstalt mussten, so der damalige politische Wille, recht schnell verschwinden, da man zum 100. Geburtstag
von Ernst Thälmann am 16. April 1986 den nach ihm benannten Park offiziell der Öffentlichkeit übergeben wollte. Dabei wurden in aller Eile auch Tanks und Teerbecken einfach im Boden versenkt und
zugeschüttet. Anfang der 90er-Jahre wurde nach Beschwerden von Anwohnern damit begonnen, das Grundwasser im Park sehr aufwendig zu reinigen. Der Berliner Senat hat beschlossen, diese Reinigung in
den nächsten Jahren fortzuführen und auszuweiten.
✒ Rolf Gänsrich (Mai 2013)