SONDERAUSSTELLUNG

Legenden der Novemberrevolution

2019 ist das Jahr der Jubiläen. Der vergessenen Novemberrevolution von 1919 widmet sich 100 Jahre danach eine Sonderausstellung mit Begleitprogramm im Kulturzentrum Sebastian Haffner an der Prenzlauer Allee. Den Rahmen stecken die Thesen des Namensgebers, des Journalisten Sebastian Haffner.

 

Die Sonderausstellung des Museums Pankow am Standort Prenzlauer Allee heißt „Der Verrat. Legenden der Novemberrevolution“ und ist noch bis zum 19. Mai zu sehen, begleitet von einer abwechslungsreichen Veranstaltungsreihe. 

Vor 50 Jahren veröffentlichte der Journalist und Publizist Sebastian Haffner mit einer Anzahl von Artikeln streitbare Thesen zu Bedeutung und Wirkung der revolutionären Ereignisse zwischen Herbst 1918 und Frühjahr 1919 in Deutschland. Die Novemberrevolution 1919 wird oft die „vergessene Revolution“ genannt, die Handlungs- und Interpretationsspielräume zu ihrem Verlauf sind bis heute kontrovers diskutiert. 100 Jahre Rezeptionsgeschichte zeigen die wechselnde Bewertung und Beurteilung der Ereignisse und prägen bis heute die politische Erinnerungskultur. Die Ausstellung thematisiert und diskutiert anhand von sechs Thesen Sebastian Haffners zentrale Fragestellungen zur Geschichte der Novemberrevolution und setzt sich mit den bis heute in den Erzählungen über die damaligen Ereignisse wiederkehrenden Legenden auseinander. Eine These etwa hinterfragt innerhalb der Revolutionschronologie die Bedeutung des Januaraufstandes und die Rolle des Spartakistenführers Karl Liebknecht. Zeitgenössische Kommentare und Filmsequenzen setzen sich mit der Aktualität der Thesen Haffners auseinander.

Sebastian Haffner Berlin Prenzlauer Berg
„Die vergessene Revolution“ thematisiert eine Ausstellung im Kulturzentrum Sebastian Haffner. Foto: Museum Pankow

VOM SPARTAKUSAUFSTAND

Ein umfangreiches Begleitprogramm rahmt die Ausstellung „Der Verrat“. Am Donnerstag, 14. März, gibt es ab 19 Uhr einen Vortrag von Dr.  Jörn Schütrumpf zum Spartakusaufstand: Im Januar 1919 griffen revolutionäre Arbeiter in Berlin zu den Waffen. Der vom linken Flügel der Berliner USPD getragene Aufstand wurde von Anfang an der gerade gebildeten KPD zugeschrieben. Sie war für solche Aktionen allerdings viel zu schwach. Die KPD hatte im Januar 1919 in Berlin etwa 300 Anhänger, die USPD 200.000. Trotzdem hält sich bis heute die Legende vom „Spartakusaufstand“. Zu ganz anderen Ergebnissen kam der Untersuchungsausschuss der verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung in seinem Abschlussbericht vom 9. Februar 1921. Jörn Schütrumpf hat diese bislang in der Forschung nicht beachtete Quelle analysiert. Sein Vortrag wird die Entstehung des Berichtes, seine Geschichte und die historische Bedeutung behandeln.

Sebastian Haffner Berlin Prenzlauer Berg
Geschichtsparcours: Ausstellungstafeln weisen bereits auf der Freifläche auf die Novemberrevolution hin. Foto: al

ÜBER SEBASTIAN HAFFNER

Am Donnerstag, dem 21. März, folgt 19 Uhr eine Diskussionsveranstaltung zu Sebastian Haffners Thesen über die „verratene Revolution”. Die beiden Haffner-Biografen Uwe Soukup und Dr. Jürgen Peter Schmied widmen sich diesen Thesen. Nach der Lektüre von Haffners Werk über die Deutsche Revolution 1918/19, gründete Uwe Soukup 1993 einen eigenen Verlag, um diese Streitschrift zum 75. Jahrestag der verdrängten Revolution neu herauszubringen. Er war seither von Haffner so begeistert, dass er ihm 2001 unter dem Titel „Ich bin nun mal Deutscher. Sebastian Haffner“ eine erste Biografie widmete. Jürgen Peter Schmied stützt seine 2010 erschiene Biografie über Sebastian Haffner auf die Auswertung des umfangreichen Nachlasses und unterzieht die Person Haffners einer kritischen Würdigung.

Am Donnerstag, dem 28. März, folgt schließlich ein Vortrag von Dominik Juhnke: „Karl Liebknecht, das Berliner Schloss und die Ausrufung der sozialistischen Republik.“ Wie kam es dazu, dass Karl Liebknecht am 9. November 1918 ausgerechnet vom kaiserlichen Schloss aus die „freie sozialistische Republik“ ausrief? Die genaue Betrachtung der Geschehnisse rund um das Berliner Schloss wirft ein neues Licht auf den wichtigsten Auftritt im Leben des Politikers. Wie wurde Liebknechts Proklamation zum „Mythos der Revolution“? Dominik Juhnke stellt verschiedene Perspektiven und Personen dieses 9. November 1918 am Berliner Schloss vor. Er berichtet auch von seinen Recherchen und der Widersprüchlichkeit der Quellen.

-red-, März 2019