Die Schönhauser Allee war um 1850/60 noch relativ locker bebaut. Man zählte damals nur drei Einwohner pro 100 m² – entlang der Schwedter Straße waren es zum Vergleich um diese Zeit schon 13,9
Einwohner pro 100 m².
Bereits 1875 wurde vom Schönhauser Tor bis nach Pankow eine Linie der „Großen Berliner Pferdebahn“ eröffnet. Im Jahr 1880 wurde deren Verkehr versuchsweise auf Dampfbetrieb umgestellt, aber wegen
der starken Rauchentwicklung bald wieder eingestellt und die Strecke ab 1895 elektrifiziert. Am 25. Juli 1913 wurde die 3,5 km lange U-Bahn vom Alexanderplatz bis Bhf. Nordring (heute Bhf.
Schönhauer Allee) eröffnet und bis 1930 bis Pankow/Vinetastraße verlängert. Die Stahlkonstruktion der Hochbahnanlagen wurden nach Plänen von Alfred Gremander und Johannes Bousset gebaut.
In der Dunckerstr. 64 ist auf einem schmalen Restgrundstück entlang der Ringbahn eine 1913/14, nach Plänen von Ludwig Hoffmann, errichtete ursprüngliche reine Mädchenschule, in die die
ehemalige Mädchenschule aus der Christburger Straße und die ehemals „Höhere Webschule“ am Warschauer Platz einzog.
Auf der anderen Seite der Ringbahn steht auf dem Grundstück, entlang der Bahntrasse in der Dunckerstr. 65/66, gleichfalls ein Bau von Ludwig Hoffmann. Diese ehemalige „Gemeindeschule für Knaben“
wurde bereits 1899/1900 gebaut. Interessant ist das einstige Rektorenhaus in der Straßenfront, an das sich einst eine „Städtische Vorlesehalle“ anschloss. Diese „Vorlesehallen“ hatten um 1900
herum eine große Bedeutung in den bevölkerungsreichen Stadtteilen. Sie wurden durchschnittlich von jährlich 121.000 Personen besucht, die hier „ihre Bildung zu vervollständigen strebten“.
Eine Ecke weiter, im sogenannten „Bullenwinkel“ – so genannt, weil dort hin wohl immer wieder mal das eine oder andere Hausrind der vielen kleinen Hinterhofmolkereien flüchtete und dort dann
in der Sackgasse im wahrsten Sinne war – in der Lychener Straße, direkt an der Ringbahn, steht die nächste Schule, die nach Plänen von Ludwig Hoffmann errichtet wurde.
Die „Gemeindedoppelschule“ (ein Aufgang für Jungs, einer für Mädchen) in der Lychener Str. 97/98 wurde 1905 gebaut. Von dem dreiflügeligen Schulbau sind im Krieg weite Teile zerstört worden und
heute nur noch der Nordflügel erhalten.
In der Pappelallee, neben der einstigen „Wäschefabrik Jacobowitz“, ist man derzeit dabei, eine der letzten Kriegslücken zu schließen.
Das daneben liegende letzte ursprüngliche Haus im gesamten Kiez saniert man gerade. Die ehemalige Wäschefabrik selbst, in der Pappelallee 78/79 hat eine sehr wechselvolle, auch jüngere
Geschichte. 1910 errichtet, beherbergte das Gebäude nach dem Zweiten Weltkrieg u. a. ein Kino. Später wurden dort Metallmöbel hergestellt. Nach 1990 war das Haus eine Zeit lang Sitz des
Finanzamtes Prenzlauer Berg. Derzeit residiert darin u. a. der Suhrkamp Verlag mit seinen Ablegern. Am 27. Mai 2013 stellte der Suhrkamp Verlag beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen
Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens nach § 270b der Insolvenzordnung (Schutzschirmverfahren). Grund ist das Urteil vom März 2013, nach dem der Gewinn aus dem Jahr 2010 wegen
fehlerhafter Beschlussfassung der Geschäftsführung nicht im Verlag verbleiben kann, sondern anteilig an den Gesellschafter Barlach auszuzahlen ist.
Sorgen bereitet im Kiez die Gethsemanekirche. Die Wiederherstellung nach Kriegsschäden und verschiedene Reparaturen in der Nachkriegszeit wurden mit Material schlechter Qualität ausgeführt.
Langfristig machen sich nun massive Schäden bemerkbar: Durch Zersetzen der Pfeiler und Lockerung des Ziegelverbundes entstehen Risse und Lücken, wobei Feuchtigkeit in das Gebäude eindringt und
weitere Schäden verursacht. Die Kostenvoranschläge für Reparatur und Erneuerung der Pfeiler und Gesimse im Bereich der Apsis der Kirche belaufen sich auf 1,6 Millionen Euro. Neben
staatlichen Zuschüssen müssen mehr als 500.000 Euro aufgebracht werden.
Und Sie können helfen: werden Sie Steinpate! Einen Ziegel der Traufabdeckung erneuern (Nasenstein) kostet vermauert 25 €, einen Formziegel im Gesimsband
austauschen125 €, einen Grat- oder Kehlstein im Gesims austauschen 220 €, eine Konsole im Gesims erneuern, bestehend aus zwei aufwendig gearbeiteten Ziegelteilen 1.400 €.
Gebaut wird im Kiez seit dem 19. Juni und noch bis mitte September an der Brücke Pappelallee / Stahlheimer Straße. Die Straßenbahnlinie 12 ist deshalb unterbrochen. Die Busse, die die BVG dort
als Ersatzverkehr einsetzt, sind Typen der Baureihe „Evo Bus Sprinter City 35“, die die Berliner Taxi-Innung für die BVG betreibt. Man erkennt diese Mini-Busse auf Anhieb erst einmal nicht, denn
sie sind klein, haben nur 12 + 1 Sitzplätze, eignen sich aber perfekt für die relativ engen Straßen rund um den Helmholtzplatz. Diese Busse sind etwa nur so groß, wie die „Wanne“ der Berliner
Polizei.
✒ Rolf Gänsrich (Jul 2013)