Legale Graffiti-Flächen für Kreative aus aller Welt statt heimlicher Duldung. Die Bezirkspolitik will jetzt die Freiräume für Sprayer erweitern. Das Argument der Befürworter: Graffiti ist nicht nur Kunst, es ist auch ein Tourismus- und Wirtschaftsfaktor.
Es ist ein gemeinsamer Vorstoß der Pankower Grünen, Linken und Sozialdemokraten und er fand Gehör in der Bezirksverordneten-Versammlung. Offiziell erhielt das Bezirksamt den Auftrag, für mehr legale Graffiti-Flächen zu sorgen. Etabliert werden soll zudem ein Projekt, dass die Graffi-Kunst und -Flächen offiziell trägt. Ähnlich den Vorbildern aus anderen Stadtbezirken, etwa der „Lichtenberger Brücke“ oder dem Modellprojekt „Legale Spraywand“ in Steglitz-Zehlendorf, sollen die neuen Flächen auch in Pankow betreut und gepflegt werden. Eine Dokumentation soll den oftmals flüchtigen Spray-Bilder zu dauerhaftem Wert verhelfen.
Zunächst im Visier der Befürworter ist dabei die sogenannte Hinterlandmauer im Mauerpark, unweit des Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadions. Das Sprayen soll hier endgültig legalisiert werden. Zudem wurde das Bezirksamt beauftragt, weitere freie Möglichkeiten zu schaffen, bzw. auszuweiten, damit Kreative in Pankow ihrer Graffiti-Kunst legal nachgehen können. Es braucht weitere Wände, die ohne Zugangsbeschränkungen zugänglich sind.
Der Pankower Vorstoß in Sachen Graffiti ist längst überfällig. Graffiti als Kunst ist bereits seit vielen Jahren fester Bestandteil von Berlin, egal ob ganze Hausfassaden zu Wahrzeichen werden oder Jugendklubs und Geschäfte ihre Außenwände kreativ verzieren. Viele Galerien und KünstlerInnen leben von und arbeiten mit Graffiti-Kunst. In der Jugendsozialarbeit ist Graffiti ein wesentlicher Bestandteil, schafft es doch Heranwachsenden die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Auch ist der Handel mit Graffiti-Bedarf ein immer größerer wirtschaftlicher Faktor im Bezirk Pankow.
Vor allem der Mauerpark ist ein Magnet für die Szene. Bei gutem Wetter sind an der Hinterlandmauer zahlreiche KünstlerInnen zu beobachten, die sorgfältig ihre Wandbilder anfertigen. Das Stück alte Berliner Mauer ist längst kein Geheimtipp mehr – Internationale Sprayer verewigen sich hier, in einschlägigen Foren wird die Fläche hoch gepriesen. Doch die Wand ist an der Grenze ihrer Auslastung. Die Befürworter für weitere Graffiti-Flächen nehmen das zum Argument. Einerseits zeige der Ansturm auf die Hinterlandmauer den hohen Bedarf an legalen Graffiti-Flächen, andererseits braucht diese Kunst ganz offiziell den legalen Status.
Denn, so die Argumentation der Graffiti-Befürworter, legale Orte für Graffiti wären eine Unterstützung des Einzelhandelsgewerbes und würden die Attraktivität für Touristen in Pankow erweitern. Die Bilder könnten mit mehr Sorgfalt entstehen, die Künstler hätten die Möglichkeit, sich im Einklang mit dem Gesetz auszuleben, anstatt illegal Kunstwerke zu schaffen, deren Beseitigung viel Geld kostet. Zudem würde es dem Müllproblem im Mauerpark entgegenwirken, wenn die Sprayer ihre Sprühdosen auch offiziell ordnungsgemäß entsorgen können.
-red-, Juni 2017